„7. Unternehmerforum Agrar“ der Volksbanken und Landwirtschaftskammer – „Land- und Veredlungswirtschaft der Zukunft“ – FOS- und EFL-Schüler informieren sich über „Wachstum mit Grenzen“ – Praxisorientierter Betriebswirtschaftslehreunterricht – Finanzierung des landwirtschaftlichen Betriebes anschaulich erklärt – Emma: „Ich bin nicht dick, ich bin nur gut sichtbar“
Mit 550 Teilnehmern, darunter die Schülerinnen und Schüler der Fachoberschule Agrar-, Bio- und Umwelttechnologie (FOS) sowie der Einjährigen Fachschule Agrar (EFL), stark besucht und mit einer beeindruckenden Rednerliste besetzt präsentierte sich das 7. Unternehmerforum Agrar in der Dreifeld-Sporthalle in Rehden.
Die Organisatoren – die Volksbanken der Region, federführend vertretend durch die Volksbank Vechta und die Landwirtschaftskammer Niedersachsen, Bezirksstelle Nienburg- hatten die Tagung unter die Überschrift „Land- und Veredlungswirtschaft der Zukunft – Wachstum mit Grenzen“ gestellt. Und dieses Thema ist für die Schülerinnen und Schüler der Justus-von-Liebig-Schule Vechta selbstverständlich von besonderem Interesse.
Eine gute Ergänzung des Betriebswirtschaftlehreunterrichtes bot das Auftaktreferat. Wohin geht die Reise für die Betriebe unserer Region, welche Entwicklungen sind für nachfolgende Generationen möglich? Ludger Ellert, Vorstand der Volksbank Vechta, eröffnete die Veranstaltung. „Das diesjährige Unternehmerforum fällt in eine Zeit, in der die aktuellen Rahmenbedingungen mit dem Landesraumordnungsprogramm, den Marktpreisen und der Diskussion um das Tierwohl unsere Betriebe vor große Herausforderungen stellen. Mit dieser Veranstaltung wollen wir nach vorn schauen und Lösungsansätze andenken.“
Moderiert von Henrich Meyer zu Vilsendorf, Leiter der Bezirksstelle in Nienburg, setzte Kreislandwirt Wilken Hartje in seinem Grußwort erste durchaus nachdenkliche Akzente. Er hinterfragte kritisch die aktuellen Entwicklungen, denen die Landwirtschaft heute ausgesetzt ist. Ein Aspekt, der die Vechtaer Schüler nahezu tagtäglich im Unterricht beschäftigt. Dabei bezog Hartje sich nicht nur auf äußere Rahmenbedingungen, sondern auch auf die Mentalität unter den Berufskollegen. Ist Wachstum um jeden Preis sinnvoll und notwendig?
Trotz sehr unterschiedlicher Ansätze zeigten alle Referenten Lösungsansätze und Wege auf, die auch der heimischen Landwirtschaft in Zukunft Möglichkeiten bieten. Prof. Dr. Dr. Radermacher, Professor für Datenbanken und künstliche Intelligenz, warf dabei seinen Blick weit nach vorn und in die gesamte Welt. „Die Weltbevölkerung wird 2050 auf 10 Milliarden Menschen angewachsen sein und braucht ausreichend Nahrungsmittel. Seine Ausführungen trafen bei den angehenden Staatlich geprüften Wirtschafter jedoch auf ein geteiltes Eche. Die Nahrungsmittel können in genügendem Umfang produziert werden, allein die Verteilung stellt eine riesige Herausforderung dar. Die großen Bereiche Klima und Energie sind die anderen Baustellen, die lokal nicht gelöst werden können. Wir werden in Zukunft die Herausforderungen nur bewältigen können, wenn es gelingt, weltweit an einem Strang in die gleiche Richtung zu ziehen, so der Experte, und wie schwierig sich das gestaltete, dürfte jedem klar sein“.
Marktexperte und Ökonom Dr. Hortmann-Scholten, Landwirtschaftskammer Niedersachsen, warf einen Blick auf die europäischen Märkte und deren Perspektiven. „Landbewirtschaftung und Tierhaltung müssen im gesellschaftlichen Kontext stattfinden. Wachsen mit Grenzen ist möglich, die Zeichen stehen auf Konsolidierung,“ was die Landwirtschaftsschüler in ihrer Berufswahl und Zukunftsperspektive durchaus bestätigte. Doch nur bei gesellschaftlicher Akzeptanz würden sich neue Perspektiven für den Absatz von tierischen Lebensmitteln in den gesättigten westeuropäischen Märkten eröffnen.
„Unzufriedenheit und die Suche nach den neuen Möglichkeiten zeichnen einen erfolgreichen Unternehmer aus“, so Arnold Krämer, Leiter der Bezirksstelle Emsland der LWK „und diese Eigenschaft muss bei Entscheidungen mit Bedacht eingesetzt werden.“ Es gibt keine andere Branche, die so kapitalintensiv ist wie die Landwirtschaft, wie die EFL- und FOS-Schüler bereits aus dem Betriebswirtschaftslehreunterricht wissen. Der Ökonom ist sich sicher, dass es keine Grenzen des Wachstums geben wird, da es keine Grenzen des Lernens gibt – allerdings wird die Entwicklung in der Landwirtschaft künftig langsamer und sicher auch anders aussehen.
Vor dem Hintergrund der zahlreichen Diskussionen um Tierwohl und Tierschutz ist der Minister a. D. Uwe Bartels überzeugt, dass es eine nationale Gesamtstrategie geben muss, um die Herausforderungen Ernährung, Energie, Klima und Tierhaltungen in den Griff zu bekommen. Er verwies in diesem Zusammenhang auf das Positionspapier des Agrar- und Ernährungsforums.
Von den Entwicklungsschritten der letzten 20 Jahre und dem was er künftig plant, berichtete der Schweinehalter Dirk Frahne aus Goldenstedt. Er ging dabei intensiv auf die jeweiligen Überlegungen zur Stabilität, Rentabilität und explizit die eigenen Lebensziele ein, was den Schülerinnen und Schülern am besten gefiel. „Worauf willst du zurückblicken, wenn du 80 oder 90 Jahre alt bist“, fragte er die Anwesenden, „auf noch mehr Gewinn und viel Arbeit, oder auf Erinnerungen an gemeinsame Zeiten und Erlebnisse mit den Kindern, der Frau oder Freunden?“ Ein Aspekt, der am nächsten Tag noch intensiv im Unterricht diskutierwurde.
Dr. Martin Kühling, Vorstand der Volksbank Vechta, schilderte die Begleitung von Betriebsentwicklungen aus Bankensicht und machte das am Betrieb Frahne deutlich.
Mit Emma aus Emsdetten hatten die Veranstalter für einen Abschluss nach Maß gesorgt. Mit markanten, lebensnahen und überspitzten Schilderungen nahm sie so manche Up-To-Date-Bewegung aufs Korn und strapazierte dabei Lachmuskeln und Kopfkino der Gäste. Mit der Erkenntnis „Ich bin nicht dick, ich bin nur gut sichtbar“ trotze Emma dem Zeitgeist um zauberte nicht nur den Lehrern ein Schmunzeln ins Gesicht.