Praxisorientierte Schülerfortbildung bei Schweinefachtagung in den Weihnachstferien

18. Schweinefachtagung des Hansa-Landhandels in Mulmshorn Potentiale nutzen, Herausforderungen annehmen „Neujahrstreffen“ ehemaliger und aktueller Landwirtschaftsschüler Agrarbereich referiert über „Zukunft der Landwirtschaft“

 

Den letzten Tag der Weihnachtsferien nutzten ehemalige, aktuelle und zukünftige Schülerinnen und Schüler der Justus-von-Liebig-Schule Vechta, um sich bei der Hansa-Schweinefachtagung in Mulmshorn fortzubilden. Größtenteils kommen die Schüler und deren Eltern aus dem Landkreis Rotenburg-Wümme bzw. den angrenzenden Landkreisen. Am Rande der Veranstaltung bot sich auch noch ausreichend Gelegenheit zum persönlichen Austausch bzw. Gespräch. Wenn gleich die Region Rotenburg-Wümme gute 100 km von Vechta entfernt ist, absolvieren traditionell viele Auszubildende mindestens ein Ausbildungsjahr im Landkreis Vechta. Und manchmal bleiben sie der Berufsschule sogar noch nach ihrer Ausbildung treu, um die Einjährige Fachschule Landwirtschaft (EFL) zu besuchen.  So wie z.B. Arne W., der momentan jeden Tag 216 km zur EFL nach Vechta hin und zurück fährt.

 

Die Schweinefachtagung des Hansa Landhandels in Mulmshorn war trotz Glatteis mit 120 Teilnehmern gut besucht. In diesem Jahr lag der Schwerpunkt auf der schwierigen Marktsituation für die Schweinehalter.

 

Sigrid Seelhorst von der Firma Miavit aus Essen (Oldenburg) hatte deshalb auch viele Tipps für die Zuhörer parat, um erfolgreicher Ferkelaufzucht und Mast zu betreiben. „ Gerade wenn die Zeiten nicht so rosig sind, dann müssen Sie die Herausforderung als Chance sehen. Besser werden ist mehr denn je das Ziel! Wir wollen das genetische Potential unserer Schweine möglichst komplett auszunutzen. 100 % ist nicht zu schaffen, aber 80 % sollten wir als Ziel haben. Derzeit nutzen wir nur knapp 60 bis 70 % aus, da ist also noch Luft nach oben“, so Seelhorst. Um dieses Potential nutzen zu können, müssen die Schweine gesund sein und sich wohl fühlen. Hier sei der Landwirt gefragt: Er sollte an verschiedenen kleinen Schräubchen beim Management drehen.

 

Gleiche Genetik einstallen

Speziell bei der Mast sei es wichtig, dabei auf das Endprodukt zu schauen. „Sie verdienen ihr Geld damit, wie das Schwein später in der Maske am Schlachthof klassifiziert wird. Alle Maßnahmen, die Sie treffen, sollten sich daran orientieren. Eine schlechte Sortierung der Schlachtschweine kostet bares Geld.“ Seelhorst riet in erster Linie zu festen Lieferbeziehungen. „Feste Beziehungen zwischen Mäster und Ferkelerzeuger sind am wichtigsten. Sie garantieren eine bekannte Tierherkunft, einen nachvollziehbaren Gesundheitsstatus, nach Bedarf geimpfte Tiere  sowie in der Regel auch eine gleichbleibende Genetik. Mit dieser Ausgangslage gelingt ein guter Start in die Mast.“ Bei der Einstallung in der Mast empfahl sie, nicht Tiere gleichen Gewichts, sondern gleichen Alters zusammen zu bringen und Überbelegung zu vermeiden.„Überbelegung bedeutet Stress für die Tiere, genauso auch Zugluft, Wassermangel, schlechte Futter- oder Wasserqualität, Lärm, Unruhe. Studien haben ergeben, dass sich Stress negativ auf die Leistung, die Futterverwertung und die Tiergesundheit allgemein auswirkt. Wir sollten also alles daran setzen, Stress bei unseren Tieren zu vermeiden.“ Sie riet zu einer monatlichen Stresskontrolle, bei der man sich im Stall nur dazu aufhält, um die Tiere und ihre Umgebung auf mögliche Stressquellen zu beobachten. Diese sind dann sofort abzustellen.

 

Nur beste Futterzusammensetzung

Ein weiterer wichtiger Punkt sei das Futter. „Die Futterqualität spielt bei der Gesunderhaltung unserer Schweine eine große Rolle. Ein einfacher Test, ob im Futter Hefen oder gasbildende Bakterien sind, die die Tiere schädigen könnten, ist der Tütentest: Egal, ob Flüssig- oder Breifutter: Nehmen Sie eine Tüte, füllen Sie Futter aus dem Trog hinein und lassen sie sie an einem warmen Ort 24 Stunden stehen. Bläht die Tüte sich dann auf, haben Sie schädliche Keime im Futter. Dann können Sie verschiedene Reinigungs- und Desinfektionsmaßnahmen in der Futterstrecke umsetzen, das Silo reinigen und das Trinkwasser ansäuern.“ Regelmäßige Reinigungs- und Desinfektionsmaßnahmen im gesamten Stall wirken sich positiv auf die Tiergesundheit aus, denn sie reduzieren die Erregermenge in der Tierumgebung und senken so den Infektionsdruck. Gesunde Tiere könnten mehr Eiweiß aus dem Futter in Muskeln umsetzen, kranke Tiere brauchen die Proteine für die Ausbildung von Antikörpern, um sich gegen die Erreger zu schützen. Zudem schädige jede Krankheit die Leber, die wiederum zur Entgiftung des Körpers sehr wichtig sei. Um die Tiere über das Futter in ihrer Gesundheit zu unterstützen, bieten sich Zusatzstoffe wie Enzyme oder Antioxidantien (Vitamin E und C) an. „Enzyme erhöhen die Verdaulichkeit des Futters und verbessern so die Futterverwertung. Antioxidantien helfen bei der Erregerabwehr.“ Sie wies darauf hin, dass ab einem Gewicht von 130 kg die Futterverwertung ungünstig nach oben gehe, das sei teuer und lohne sich nur für denjenigen, der es bezahlt bekommt. Ebenso nehme der Eiweißbedarf mit steigendem Alter ab, deswegen riet Seelhorst zu einer Drei-Phasen-Fütterung. „Zu viel Eiweiß ist nicht nur unnötig für die älteren Schweine, es belastet auch deren Stoffwechsel, denn es muss unter Energieeinsatz zu Harnstoff und Ammoniak verstoffwechselt werden. Wir sollten also einen Proteinüberschuss vermeiden.“

 

Ausreichend Wasser bereitstellen

Und schließlich wies Seelhorst auf die Bedeutung einer guten Wasserversorgung der Schweine hin. „Insbesondere die Sauen brauchen viel Wasser. Prüfen Sie bitte an den Nippeltränken mit einem Litermaß und einer Stoppuhr, ob genügend Wasser mit für die Tiere angenehmen Druck aus den Nippeln kommt. Und prüfen Sie dies bitte zu verschiedenen Tageszeiten, und auch dann, wenn mal alle Tiere zugleich saufen. Nichts ist schlimmer, als wenn die Tiere nicht genügend Wasser bekommen oder aber der Druck zu hoch ist und ihnen das Wasser in die Nase spritzt.“ Auch bei Flüssigfütterung sollten die Tiere klares Wasser aufnehmen können. „Es gibt Vermutungen, dass der Kannibalismus unter den Schweinen eventuell mit einer mangelnden Wasserzufuhr zu tun haben könnte. Das Blut wird zähflüssiger, die kleinen Kapillaren unter der Haut sowie die Schwanzspitze werden schlechter durchblutet.“ Der  tägliche Blick auf die Wasseruhr sollte zur Routine werden, denn hier sehe man sofort, wenn etwas mit der Wasserversorgung nicht stimmt.

 

Vitamin A-Gehalte abgesenkt

Dr. Thomas Glindemann vom Hansa Landhandel informierte über die neuen Höchstgehalte von Vitamin A im Mischfutter. „Die Obergrenze des Gehaltes von Vitamin A wurde durch die neue EU-Verordnung 2015/724 abgesenkt aufgrund der Befürchtung, dass die Menschen durch den Verzehr von tierischen Produkten zu viel Vitamin A aufnehmen könnten. Vitamin A ist fettlöslich und für den Körper daher schwer zu entsorgen. Bei einem Zuviel an Vitamin A leidet die Knochengesundheit, Osteoporose kann entstehen.“ Die neuen Gehalte an Vitamin A würden aber immer noch ausreichend für das Schwein sein, ein Mangel sei nicht zu erwarten.

 

Netto- oder umsetzbare Energie?

Weiterhin ging Dr. Glindemann auf die aktuelle Diskussion um die von zwei Futtermittelfirmen eingeführte Deklaration des Futters in Nettoenergie statt wie bisher in umsetzbare Energie ein. „Es gibt verschiedene Energiestufen, mit denen die Futterenergie bewertet werden kann: Bruttoenergie, verdauliche Energie, umsetzbare Energie und Nettoenergie. Einige Länder wie etwa Frankreich, die Niederlande und Dänemark nutzen schon lange die Nettoenergie, bei uns war bisher immer die umsetzbare Energie Standard. Die Gesellschaft für Ernährungsphysiologie (GfE) hat nun die Empfehlung herausgegeben, dass Deutschland weiterhin die umsetzbare Energie nutzen sollte, solange keine neueren Studien zu Vor- oder Nachteilen vorliegen. Die Datengrundlage für die Ableitung der Nettoenergie ist relativ alt und es ist fraglich, ob sie auch für unsere unterschiedlichen Schweineherkünfte zutreffen. Überprüfen lässt sich dieses nur mit sehr hohem Aufwand. Deswegen hat sich Hansa Landhandel entschlossen, den Empfehlungen der Wissenschaftler zu folgen und bleibt vorerst bei der umsetzbaren Energie.“

 

Landwirtschaft ist die Zukunft

Detlef Breuer vom Fachbereich Landwirtschaft der Justus-von-Liebig-Schule in Vechta zeigte den Zuhörern schließlich in humoristischer Weise auf, wie wichtig die Landwirtschaft trotz viel aktueller Kritik für die Bevölkerung ist. Sie sei aufgrund der preiswerten und qualitativ hochwertigen Lebensmittel, die sie hervorbringe, der Garant für die innere Sicherheit und Stabilität. „So bleibt noch genug Geld übrig für Urlaube oder teure Autos. Landwirtschaft bietet Orientierung, Kontinuität und Verlässlichkeit und ist prägend für den ländlichen Raum“, so Breuer. Zudem verfügten die Landwirte über viel Eigenkapital durch Boden, Gebäude und Maschinen, so dass sie, sollten sie ihren Betrieb aufgeben, noch genug Geld durch den Verkauf erzielen würden, um einen sicheren Lebensabend zu haben. „Und keine Sorge vor den Medien: Die Landwirtschaft wird zukünftig kein dominierendes Thema mehr sein, weil die Flüchtlingskrise nun deren Platz einnimmt.Ich bin mir sicher: Wir werden einen Stimmungswandel in Deutschland erleben hin zu einem wieder positiveren Blick auf die Landwirtschaft!“

 

Quelle: Dr. Heike Engels, Syke; Einleitung Justus-von-Liebig-Schule

 

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